ein unmutiger entwurf. eine unmutige beteiligung.

man hatte das gefühl, als seien bei der zweiten bürgerveranstaltung zum wohngebiet westring einige teilnehmerInnen zu früh dran. als hätten sie in dem einladungstext „grundstücksauktion“ statt „bürgerbeteiligung“ gelesen.

waren bei der ersten bürgerbeteiligung im dezember vergangenen jahres noch seligenstädterInnen, die sich wirklich damit beschäftigen wollten, wie sich ein neues wohngebiet mit bis zu zehn prozent neubürgern auf einer fläche von 21 hektar gestaltet und in die bestehende siedlung integriert, dominierten bei der zweiten veranstaltung eigentümer, die möglichst schnell ihre grundstücke umgelegt und veräußert sehen wollten, und potentielle käufer, die schon jetzt grundstücksgrößen verhandeln wollten, die diskussion.

„warum wird denn die vom obstbauverein genutzte fläche nicht bebaut?“, „die pappel am wegekreuz muss unbedingt weg.“ sind äußerungen, die die teilnehmerInnen der dezember-veranstaltung im leben nicht zu denken gewagt hätten.

die großen fragen zu diesem unmutigen entwurf, dem man nicht ansieht, dass er ein wohngebiet des 21. jahrhunderts darstellt, gingen unter. in ein paar jahren werden dort häuser gebaut, die jahrzehnte lang stehen und uns sehr wahrscheinlich überleben. aufgrund der schnellen veränderungen, die in der klimapolitik, aber auch im umgang mit der nachfrage nach günstigem wohnraum kommen müssen und werden, wird selbst eine heute sehr zukunftsweisende, nachhaltige und klimagerechte planung in einem vierteljahrhundert als altbacken angesehen werden. wieso sollten wir dann ein besiedelungskonzept, das schon jetzt aus der vergangenheit stammt, der westringentwicklung zu grunde legen?

mit dem neuen baugebiet, das 680 bis 860 wohneinheiten umfasst, solle noch nicht einmal der anspruch auf sozialen wohnraum für die 250 auf der bewerberliste stehenden bedürftigen gedeckt werden, obwohl das einst versprochen wurde.

eine dame fragte mich auf diesen kritikpunkt hin: „ja glauben sie denn noch, was die politiker ihnen sagen?“

„ja.“, entgegnete ich ihr entschlossen und blicke gespannt auf die nächste bauausschusssitzung mitte oktober.

leserbrief 09. oktober 2019

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